Netzneutralität und Spezialdienste

Das EU-Parlament hat beschlossen, die Netzneutralität zugunsten der Erlaubnis von Spezialdiensten aufzugeben. Es wurde überall versichert, daß es sich nur um extreme Ausnahmen handeln wird und deswegen das Prinzip der Netzneutralität (Alles wird gleich behandelt) nicht betroffen ist. Nun kommt es aber anders.

Die Deutsche Telekom offeriert allen und jedem einen Bruch der Neutralität unter dem Deckmantel der Innovation.

Warum braucht es diese Spezialdienste im Netz? Das Internet ist vielfältig und bringt Dienste hervor, an die bis vor kurzem noch niemand gedacht hat. Das fängt bei Videokonferenzen und Online-Gaming an und geht über Telemedizin, die automatisierte Verkehrssteuerung und selbststeuernde Autos bis zu vernetzten Produktionsprozessen der Industrie. Gemeinsam haben diese Dienste, dass sie andere, teilweise höhere Qualitätsanforderungen haben als das einfache Surfen oder die E-Mail, die auch ein paar Millisekunden später ankommen kann. Eine Videokonferenz sollte beispielsweise auch zu Stoßzeiten im Netz nicht ins Stocken geraten. Deshalb muss die Möglichkeit bestehen, dass die Daten empfindlicher Dienste im Stau Vorfahrt bekommen.

Deutsche Telekom

Genauso definiert sich ein Bruch der Netzneutralität: Wer will bekommt Vorfahrt.

Und natürlich ist so was nicht kostenfrei zu haben. Was natürlich eines der Argumente gegen Spezialdienste ist. Aber auch da hat die Deutsche Telekom eine Antwort:

Gegner von Spezialdiensten behaupten, kleine Anbieter könnten sich diese nicht leisten. Das Gegenteil ist richtig: Gerade Start-Ups brauchen Spezialdienste, um mit den großen Internetanbietern überhaupt mithalten zu können. Google und Co. können sich weltweite Serverparks leisten, damit die Inhalte näher zu den Kunden bringen und die Qualität ihrer Dienste so verbessern. Das können sich Kleine nicht leisten. Wollen sie Dienste auf den Markt bringen, bei denen eine gute Übertragungsqualität garantiert sein muss, brauchen gerade sie Spezialdienste. Nach unseren Vorstellungen bezahlen sie dafür im Rahmen einer Umsatzbeteiligung von ein paar Prozent. Das wäre ein fairer Beitrag für die Nutzung der Infrastruktur. Und es sorgt für mehr Wettbewerb im Netz.

Deutsche Telekom

Ist das nicht schick? Ist das nicht generös? Wo ist der Haken?

Die Deutsche Telekom stellt sich als alleinigen Betreiber des Internets dar. Das ist sie aber nicht. Es gibt in Deutschland allein über 100 relevante Netzbetreiber, wenn man an die Masse der Endkunden und Firmenkunden heran will.

An wieviele der Netzbetreiber soll so ein Unternehmen Umsatzanteile abführen? Muß es mit jedem Netzbetreiber extra Verhandlungen führen?

Fazit

Der Vorschlag der Deutschen Telekom führt zur Zersplitterung des Netzes für alle, in der Hoffnung als Monopolist überleben zu können.

Hoffentlich ist es zeitnah genug, damit die Politik sich selbst an die Nase faßt. Auch wenn ich da wenig Hoffnung habe.

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