EDV bei KMU

Die deutsche Wirtschaft besteht hauptsächlich aus kleinen, spezialisieren Unternehmen. Die meisten von ihnen haben nichts mit IT am Hut, brauchen es aber trotzdem. Also holen sie sich einen Bekannten als Dienstleister bis irgendwann mal aufgeräumt werden muss.

Der Auftrag

Ein typisches 10-Personen-Unternehmen wendet sich an uns, weil ein Bekannter uns empfahl.

Die Firma gibt es schon lange, hat in diese Gegend hier expandiert und nun diesen Teil abgespalten. Dieser Teil braucht also neue, eigenständige IT. Der Auftrag besteht darin, herauszubekommen, welche Dienste die Ex-Abteilung überhaupt benötigt, wo die bisher betrieben wurden und wie man die separiert. Natürlich muss die Umstellung im laufenden Betrieb stattfinden.

So weit, so gut.

Dass zu den meisten Dienstleistungen – weil bisher intern – keine Verträge existieren, ist nachvollziehbar. Dass die Mitarbeiter nur ihre Arbeit machen, so wie man es ihnen gesagt hat, ist nachvollziehbar. Dass bei der Hauptfirma keiner weiß, welche Dienste existieren und welche Verträge bestehen, ist schwierig aber eben auch nicht zu ändern. Dass die bisherigen Dienstleister nicht zwingend Lust haben zu helfen, ist nachvollziehbar.

Kurz und gut, der Auftrag besteht mehr aus Unternehmensberatung als aus Technik. Es gelingt, über mehrere Monate hinweg, Daten zu verlagern, Dienste wie Steuerbüro, Bank, Dokumentenverwaltung, E-Mails, Webauftritt neu aufzusetzen.

Branchensoftware

Was sich als wirklich schwierig gestaltet, ist die eingesetzte Branchenlösung.

Selbstverständlich gibt es online so gut wie keine Dokumentation, denn die Lösung wurde von einem anderen KMU entwickelt und ist nur regional von Bedeutung. Sie ist aber groß genug, um die Abwicklung ausschließlich über Partner (Systemhäuser) zu realisieren.

Selbstverständlich ist jede Installation eine individuell angepasste Vor-Ort-Installation, für die der Hersteller weder Auskunft gibt, noch davon Kenntnis hat. Die klassische Antwort ist da in der Regel: Diese Version ist völlig veraltet.

Es stellt sich heraus, dass die Mitarbeiter über ein VPN auf einem Terminalserver an einem anderen Firmenstandort arbeiten. Leider kann niemand etwas zu dem Server und der dortigen Software sagen. Der betreffende Mitarbeitet ist schon länger nicht mehr angestellt.

Bei einem Vor-Ort-Termin bekommen wir heraus, dass die Software offenbar nur ein Frontend ist, die ihrerseits ein Backend anspricht. Wo dieses Backend steht, weiß keiner.

Die Backend-IP führt zu einem Systemhaus in der Nachbarstadt. Dort weiß man zunächst nichts von dem Kunden oder gar einem Serverbetrieb. Mehr aus Neugier folgt man unseren Angaben und meldet zurück: Endlich wissen wir, was diese Maschine da soll. Wir konnten die bisher nicht zuordnen. Übernehmen Sie die?

Selbstverständlich gibt es weder Vertrag zwischen Firma und Systemhaus, noch irgendwelche Zahlungen, wobei man bei letztem allgemein unsicher ist.

Technik

Was dann bei uns ankam, waren drei Geräte.

Man sagte uns, ein Server habe viele Festplatten und sei echt schwer. Es steht APC drauf. Sie haben also die USV mit ausgebaut und versendet.

Ein Server ist ein Tower, der andere im 19" Einbaurahmen. Mal sehen, was da drauf ist.

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Mario 14.12.2018 08:57
Trotz aller Tragik dieser Geschichte habe ich jetzt ein fettes Grinsen im Gesicht. :-)
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Jyrgen N 13.12.2018 15:23
Das ist das hübscheste, was ich seit langer Zeit gesehen habe — das heißt, es wäre hübsch, wenn es nicht so traurig wäre. Andererseits eben doch wunderschön: *so* viele Klischees erfüllt.
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Lutz Donnerhacke 13.12.2018 11:29
Die Geschichte ist überspitzt und hat sich in Teilen anders zugetragen. Sie illustriert jedoch das Problem ziemlich gut.

3 Kommentare

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