Datensparsamkeit ist keine Religion
Ich verweigere der elektronische Gesundheitskarte das Passbild. Also bekomme ich sie nicht. Oder doch?
Die Krankenkasse hat schon öfter genervt. Sowohl schriftlich als auch telefonisch.
Bisher habe ich es immer geschafft ohne Passbild eine Karte zu bekommen. Sei es die Bahncard über all die Jahre oder was auch sonst immer anfiel. Ok: Ausweise ausgenommen.
Heute habe ich mich dazu aufgerafft, selbst bei der Krankenkasse anzurufen und um die Zusendung der eGK ohne Passbild zu erbitten.
Die Argumente der Krankenversicherung lassen sich schnell zusammenfassen:
- Das Passbild sei für die eGK verpflichtend.
- Das Passbild schütze vor Mißbrauch.
- Ab 2014 würde der Arzt eine eGK verlangen.
- Warum ich denn gegen das Passbild auf der Karte sei? Auf dem Ausweis wäre es doch auch.
Meine Argumente waren dagegen wesentlich schwammiger:
- Das Passbild ist nicht für die Leistungserbringung nötig.
- Es gibt keine gesetzliche Mitwirkungspflicht meinerseits.
- Ich praktiziere halt Datensparsamkeit.
- Man möge bitte prüfen, ob eine eGK ohne Bild möglich wäre.
Der Mitarbeiter an der Hotline mußte sich informieren aber der Rückruf lies nicht lange auf sich warten.
- Die drei gesetzlichen Ausnahmen sind: Religiöse Gründe, schwere Krankheit oder Unerreichbarkeit wegen Auslandsaufenthalt.
- Ohne Passbild und ohne Gründe bekomme ich keine eGK.
- Ohne eGK wird mich der Arzt behandeln, ich brauche dafür aber entweder vorab ein Schreiben der Krankenkasse oder nachträglich eine Verrechnung der Privatrechnung.
- Die Verrechnung der Privatrechnung funktioniert aber anders als bei privaten Krankenversicherungen. Nicht ich bekomme das Geld zurück, sondern der Arzt bekommt von der KV das Fallentgeld und muß im Gegenzug die Rechnung mit mir rückabwickeln.
Ok, habe ich Gründe? Ich könnte Datensparsamkeit als Religion angeben. Aber das wollte man dort nicht akzeptieren.
Ich könnte auf "morbus NSA" oder eine ausgewachsene Paranoia plädieren, schließlich umfaßt die Definition auch "Fanatismus oder schweres Querulantentum". Das scheint mir aber im Streit mit einer Krankenkasse für zu riskant.
Ich könnte allerdings mich ernsthaft querstellen, z.B. eigene Forderungen aufstellen. Die Erfolgsaussichten sind aber gering.
Was auf jeden Fall nicht geht, ist das Spiel auf den Rücken der Ärzte auszufechten. Die vorgesehene Ersatzreglung ist zu katastrophal für einen Streitfall.
Ich muß wohl akzeptieren, daß die politische Situation ist, wie sie ist.
Laut geltendem Gesetz ist niemand dazu verpflichtet seine Religion offen zu legen.
Weiterhin ist wohl nicht ganz klar, ob eine Karte mit späterem Ablaufdatum nicht gültig bleibt. So lange kann man eventuell noch aufschieben.
Wenn es nur um das Foto geht, manche Krankenkassen lassen einen quasi beliebig eins hochladen. Ich wäre sehr gespannt, wenn jemand mal ein weißes hochlädt, oder einen Avatar. Könnte mir vorstellen, dass man dann eine hübsche Karte bekommt. Auf Biometrie wurde bei mir (ich hatte das gemacht) das Foto jedenfalls nicht geprüft.
Allerdings ist das Problem ja nicht das Foto. Der Arzt sieht mich, die Krankenkasse wird mit dem Foto nichts tolles tun. Ich habe an sich keinen Nachteil wenn der Arzt aufs Foto guckt und mal vergleicht. Wenn jemand die Karte findet, wird mir auch nichts so schlimmes passieren.
Das Problem ist, was die Karte speichert. Wenn dann vermutlich mein Zahnarzt die ganze restliche Krankengeschichte auf dem Bildschirm hat. Nicht sicher ob Zahnärzte noch einmal eine andere Kategorie sind, aber vermutlich haben viele Leute schon Ärzte besucht ohne dass ein anderer Arzt das unbedingt wissen musste. Und vielleicht wollten sie sogar, dass die anderen Ärzte es nicht wissen (z.B. um eine andere Behandlung (medizinisch oder menschlich) zu vermeiden).
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