Gibt es eine Exit-Strategie aus dem Lockdown?
Wir müssen die Dimension Infektionsschutz und die Dimension Auswirkungen desselben in ein Konzept zu kriegen. Ob es uns gefällt oder nicht, wir brauchen einen härteren Lockdown. Damit das funktioniert, brauchen wir Konzepte, wie dieser Lockdown erträglich wird. … so schreibt Josef Dietel. Aber wie geht das?
Josef schlägt Gruppenbildung und die Umsetzung des ZeroCovid-Konzeptes vor.
Der Kerngedanke ist folgender:
- SARS-CoV2 hat eine Inkubationszeit von ein bis zwei Wochen. Die Ansteckungszeit liegt bei ein bis zwei Wochen. In Summe ist man i.d.R. nach der dritten Woche nach einem Risikokontakt nicht mehr ansteckend oder deutlich krank.
- SARS-CoV2 verbreitet sich über engen Kontakt mit Austausch von Aerosolen aus den oberen Atemwegen. I.d.R. ist also eine Ansteckung nur möglich, wenn sich Leute treffen und einige Zeit zusammen verbringen.
- Isoliert man also eine kleine Gruppe von Menschen über vier bis acht Wochen, so ist hinterher keiner mehr ansteckend, wenn es keine Krankheitsfälle gibt. Je größer die Gruppe umso länger dauert es, weil es interne Infektionswege geben kann.
ZeroCovid macht nun aus diesem Fakten ein Konzept:
- Jede beliebige kleine Gruppe von (möglicherweise infizierten) Menschen kann durch eine kurze, harte Quarantäne frei von SARS-CoV2-Viren werden.
- Größere Gruppen kann man durch mehrfache Tests aller Mitglieder als virenfrei überprüfen. Da die Krankheit einen zeitlichen Verlauf hat, genügt nicht ein einziger Test, sondern man muss alle Stadien der Virenentwicklung abdecken.
- Hat man einen virenfreie Gruppe, so kann diese sich ohne ernsthafte Schutzmaßnahmen frei bewegen.
- Tritt wieder ein Fall auf, so muss das Infektionsgeschehen vollständig nachvollzogen werden. Alle möglicherweise in Frage kommenden Kontakte müssen in Quarantäne und kommen nur durch mehrfache Tests wieder raus.
- Gibt es auch nur den leisesten Zweifel an der Nachvollziehbarkeit der Infektion, so wird im Sinne der frühzeitigen Brandbekämpfung die gesamte mögliche Umgebung komplett getestet und geht solange in Quarantäne.
- Gibt es keinen positiven Test im gesamten Gebiet, ist die Quarantäne aufgehoben.
- Gibt es einen positiven Test, wird das Gebiet zurück gestuft und bleibt in Quarantäne und es gibt neue Massentests.
Quarantäne heißt dabei: Kein Verlassen der Wohnung, auch keine Einkäufe. Nur Homeoffice und Homeschooling. Arzt und Essen kommen bei Bedarf ins Haus.
Auf diese Weise bekommt man Städte und Dörfer virenfrei. Sie bekommen eine grünen Kennung und können zum normalen Leben zurück. Aus Vorsicht sind Kontakte in nicht-grünen Bereichen zu vermeiden und wenn überhaupt dann mit Rückkehrquarantäne versehen. Das setzt auch eine hohe Motivation für die Bewohner grüner Bereiche: Wer die Vorsichtsmaßnahmen verletzt, riskiert eine regionale Quarantäne und sogar eine Rückstufung des Gebiets, was mit Verlust der offenen Läden, Clubs, Sportstätten und Restaurants einher geht.
Das klingt hart? Ist es auch.
Das klingt unmöglich? Richtig, weil man nicht weiß, wo man anfangen soll. Man kann ja nicht wie in China einfach virenfreie Menschen aus anderen Regionen ankarren, damit die das öffentliche Leben aufrecht erhalten.
Was also tun? Josef hat da eine Idee. Er schlägt vor, die Einheiten kleiner zu fassen.
Man kann sich freiwillig zu Gruppen zusammen finden, innerhalb derer man sich frei bewegen kann. Man darf keinen Kontakt zu anderen Menschen außerhalb seiner Gruppe haben. Alle Mitglieder einer Gruppe werden einheitlich behandelt und bekommen eine Einstufung von grün, gelb oder rot.
- grün: Die Gruppe ist nachweislich virenfrei. Sie unterliegt keinen Einschränkungen.
- gelb: Die Gruppe ist wahrscheinlich virenfrei. Infizierte Einzelfälle haben lückenlos aufgeklärte Infektionsketten, die sich in Quarantäne befinden. Mögliche Spreaderevents sind unzulässig.
- rot: Die Gruppe ist teilweise durchseucht. Es ist unklar, welche Personen aktuell infiziert und infektiös sind. Die Gruppe ist auf das nötigste beschränkt.
Gruppen gleicher Einstufung können sich zusammen schließen oder trennen. Jede Person ist genau einer Gruppe zugeordnet. Die Zuordnung ist behördlich und im Umfeld der Gruppe bekannt. Dies ermöglicht eine Kontrolle der Gruppenzuordnung. Damit ist es möglich, zumindest innerhalb einer Gruppe, sich sinnvoll zu betätigen und Kontakte zu pflegen. Das macht es leichter.
Die Idee ist nun:
- Das Gesundheitsamt nimmt die Umstufung einer Gruppe mit Hilfe von Tests und Gruppen-Quarantäne vor.
- Einzelfallquarantäne wird nur in gelben Gruppen angeordnet. Nur hier erfolgte eine Kontaktnachverfolgung, diese dafür intensiv.
- Bei Auftreten von neuen Fällen geht die gesamte betroffene Gruppe in die Stufe rot, bis das Gesundheitsamt die gesamte Gruppe komplett getestet hat.
- Bereits nach wenigen Tagen das Gesundheitsamt die Gruppe aufteilen in eine gelbe (negative Tests) und eine rote Gruppe (positive Tests plus alle möglichen Kontaktpersonen)
- Die gelbe Gruppe kann nach einem zweiten Massentest nach einer Woche in die Stufe grün zurück fallen.
- Die rote Gruppe wird schrittweise verkleinert, wobei neue gelbe Kleingruppen entstehen.
Da sich grüne Gruppen zu immer größeren Einheiten zusammen schließen können, kann der Bewegungsfreiraum deutlich erweitert werden. Auch Reisen zwischen diesen Gruppen ist möglich (u.a. auch weltweit zu anderen Ländern mit ZeroCovid-Strategie), solange vor und nach der Reise ein Schnelltest vorgenommen wird.
Die Gruppen entscheiden selbst über ihr Verhalten. Es gibt also einen sozialen Druck, nicht negativ auszuscheren. Es gibt einen sichtbaren Ansporn, sich um eine bessere Gruppeneinstufung zu bemühen. Es gibt klare und überschaubare Intervalle in denen eine Statusänderung möglich ist.
Betriebe - die momentan am meisten unterschätzten Treiber der Pandemie - können Mitarbeiter verschiedener Gruppen im Schichtsystem ins Haus holen, oder selbst durch eigene betriebliche Maßnahmen für eine niedrigere Einstufung ihrer Mitarbeiter beitragen. Es gibt somit eine Motivation der Unternehmen, sich aktiv um besseren Arbeitnehmerschutz vor Ansteckungen zu kümmern.
Wie man erkennen kann, ist die Zeitschiene dieses Verfahrens ziemlich kurz, weil man auch initial kleine Gruppen binnen Monatsfrist auf einen grünen Status bekommt. Dies wäre auf größeren Einheiten, wie Landkreise, nicht möglich.
Menschen, die sich nicht an die Regeln halten wollen, landen in Gruppen mit Gleichgesinnten. Sie gefährden damit nicht länger die Entwicklung der anderen Gruppen mit denen sie aktuell noch zusammen erfasst werden.
Die aufzuwendenden Ressoucen wie Tests und Kontaktnachverfolgung werden wesentlich effektiver eingesetzt.
Und was ist mit Impfungen?