Wie sich die Testanzahl auf die Inzidenz auswirkt

Aus aktuellem Anlass hier nochmal ein Hinweis auf die Auswirkung der Testanzahlen. Wesentlich ist dabei zunächst der Fakt, dass die Infektionen völlig unabhängig von der Teststrategie sind. Die Leute bekommen und haben das Virus auch dann, wenn man nicht testet. Mit Tests kann man sich der Infektionslage annähern, indem man möglichst viele Personen ermittelt, die infiziert sind. Man leuchtet also das Dunkelfeld aus.

Die Infektionen geschehen auch, wenn man nicht testet.

Dabei gibt es vier Gruppen von Personen:

  1. Menschen, deren Infektion schon bekannt ist (aus einem früheren Test). Diese werden regelmäßig wieder getestet, um zu erkennen, wann die Gefahr vorbei ist. Die Positivquote dieser Tests ist sehr hoch: Viele von denen, die bekanntermaßen infiziert sind, bleiben es auch noch für eine ganze Weile. Die Infektion verschwindet nur langsam aus dem Körper, auch wenn die ansteckende Phase schon lange vorbei ist.
  2. Menschen, die typische Covid19-Symptome haben. Diese werden hoffentlich schnell getestet, um Klarheit über ihren Zustand zu erhalten. Meist sind diese Personen noch ansteckend oder haben vor kurzem andere Menschen anstecken können. Auch hier ist die Positivquote der Tests hoch.
  3. Menschen, die durch Kontakte zu als infiziert bekannten Personen (aus Gruppe 2) sich angesteckt haben können. Diese Personen möglichst vollständig zu ermitteln ist Aufgabe des Gesundheitsamtes. Hier ist Geschwindigkeit so ziemlich das Wichtigste. Binnen 24h sollten alle potentiellen Kontaktpersonen benachrichtigt sein, egal ob es gerade Wochentag oder Wochenende ist. Digitalisierung hilft hier massiv. Diese Menschen sind zu testen, um weitere Ansteckungswege zu erkennen. (Zum Verhindern reicht Quarantäne.) Die Positivquote dieser Tests ist ziemlich niedrig, weil (Achtung Überschlag) eine Person zwar 40 Kontakte in zwei Wochen gehabt, aber nur einen oder zwei angesteckt hat (Positivquote bei 3%). Besonders heimtückisch sind Superspreader-Events, bei denen eine Person sehr viele andere angesteckt hat, beispielsweise bei einem längeren, lautstarken Aufenthalt mit vielen Personen in Innenräumen.
  4. Menschen, die sich auf noch unbekannten Wege angesteckt haben. Diese zu finden, ist sehr schwer. Hier kommen Schnelltests zur Vorselektion zum Einsatz, um schnell größere Menschengruppen auf verdächtige Virenausscheidungen zu überprüfen. Die Verdachtsfälle werden dann durch PCR-Tests validiert. Es kommt also bei Schnelltests auf den preiswerten Durchsatz an, nicht auf absolute Genauigkeit. Natürlich sollte der Schnelltest nicht zu viele falsch-negative Ergebnisse bringen, weil das die Ausbreitung der Infektion begünstigt. Eine zu hohe falsch-positiv Quote ist dagegen mehr ein Problem der Akzeptanz des Tests. Da der Schnelltest in einem Umfeld mit wenigen Fällen (niedrige Prävalenz) angewendet wird, ist seine erwartete Positivquote sehr niedrig (0,2% in Jena). Es ist also sinnvoll, Verdachtsgruppen mit höherer Prävalenz (z.B. Reiserückkehrer) komplett mit Schnelltests zu überprüfen.

Das kann man auch mal numerisch durch spielen.

Wenn also eine Positivquote an Tests von ca. 5% gemeldet wird, sind ausschließlich die Gruppen 1 bis 3 dafür verantwortlich. Positive Tests aus Gruppe 4 spielen fast keine Rolle. Vergrößert man jetzt die Anzahl der Tests in die Gruppe 4 hinein, so erhöht sich die Anzahl der gefundenen Infektionen nur sehr wenig.

Liegt die Positivquote bei höheren Werten, vielleicht sogar über 7% oder gar 10%, dann hat man die Gruppe 3 (Kontakte) nicht ausreichend untersucht. Mehr Tests führen also in dem Fall zu echt mehr gefundenen Infektionen, was aber auch dringend notwendig ist.

Liegt die Positivquote bei niedrigen Werten, vielleicht sogar unter 1%, dann hat man ein sehr umfassendes Bild der Infektionslage (unter der aktuellen Prävalenz). Dazu muss man vermutlich mehr als die Hälfte der Bevölkerung testen, denn die Positivquote kann nicht niedriger sein als die Prävalenz in der Bevölkerung. Alle gefundenen Fälle stecken keine neuen Menschen mehr unkontrolliert an, so dass das Virus sich nicht mehr ausbreiten kann. Dies ist die #NoCovid-Strategie. Erfolgreich durchgeführt kann man dann auch Millionen Menschen testen, ohne einen positiven Fall zu haben. Das Virus ist dann faktisch verschwunden.

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Gerald Pfeifer 03.04.2021 21:29
Wenn du schreibst dass "Infektionen völlig unabhängig von der Teststrategie sind" bezieht sich das ausschließlich auf den Status Quo, richtig? Für die Zukunft beeinflusst eine Teststrategie (in Zusammenhang mit Maßnahmen wie Quarantäne oder Eintrittsbeschränkungen) durchaus das Infektionsgeschehen.

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